Das EU-Parlament will das Thema Proportionalität mit Leben erfüllen. Die Finalisierung der neuen Regeln könnte unter EU-Vorsitz erfolgen.
Das EU-Parlament wird voraussichtlich 2018 unter dem österreichischen EU-Vorsitz ein neues Bankenreformpaket beschließen. Die von der Kommission vorgelegten Vorschläge schärfen einerseits die Eigenkapitalvorschriften nach, und wollen andererseits die Abwicklungsmechanismen anpassen. Die neuen Regelungen könnten frühestens mit Juli 2019 in Kraft treten, wahrscheinlicher scheine allerdings der Jahresanfang 2020 zu werden, schätzt der österreichische EU-Abgeordnete Othmar Karas. Gemeinsam mit dem Berichterstatter im EU-Parlament, dem deutschen Abgeordneten Peter Simon, setzt sich Karas für faire Wettbewerbsbedingungen für kleine und regionale Banken ein. Insbesondere für Österreich, aber auch Deutschland mit einem lokal strukturierten Bankensektor sei die Unterscheidung zwischen „global tätigen Finanzinstituten“ und einer „kleinen Bank“ besonders relevant, so die beiden EU-Parlamentarier in einem Hintergrundgespräch in Wien. Der zuständige ECON-Ausschuss im EU-Parlament wird voraussichtlich im März über die Änderungsvorschläge abstimmen.
Die europäische Bankenlandschaft mit rund 6.500 Banken und 2,8 Millionen Mitarbeitern ist durch eine starke Diversität geprägt. „Ich bin davon überzeugt, dass diese Diversität eine Stärke ist, die zur finanziellen Stabilität des Systems beiträgt“, betonte Karas. Sie sei weniger krisenanfällig, sorge für ein größeres Angebot und biete mehr Finanzierungsmöglichkeiten. „Selbstverständlich braucht es Regeln für jede Bank, aber nicht jede Regel muss für jede Bank gelten“, sind sich Karas und Simon einig. Es müsse zu einer Verringerung der administrativen Anforderungen sowohl für Banken und Behörden kommen, denn insbesondere kleine Banken hätten übermäßig viel Aufwand mit den Berichtspflichten. Die Regulierungskosten seien so stark gestiegen, dass viele dies nicht mehr schafften. „Wir wollen doch keine Marktbereinigung nur aufgrund von Bürokratie“, stellte Simon klar. Allerdings dürfe es auch nicht zur Verwässerung der Kapital- und Liquiditätsanforderung kommen.
Mehr Konsequenz
Die Überarbeitung der Kapitalvorschriften gehe in die richtige Richtung, betonte Karas und fügt hinzu: „Ich denke jedoch, dass wir das Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch konsequenter durchsetzen müssen – sowohl aus regulatorischer als auch aufsichtsrechtlicher Sicht. Positiv strich Karas hervor, dass die Ausweitung des Unterstützungsfaktors bei der Kreditvergabe an Klein- und Mittelunternehmen ausgeweitet werden soll. Nötig sei aber eine „gemeinsame und faire Definition der Verhältnismäßigkeit“. Denn viele Stakeholder und Behörden würden oft unterschiedliche Dinge meinen, wenn sie von Proportionalität sprechen. In den in Arbeit befindlichen Abänderungsanträgen und in den Verhandlungen mit dem Rat ab Sommer geht es auch um die Schwellenwerte, was als „kleines“ Institut gelten soll, das Erleichterungen erhält. Die EU-Kommission hat dafür eine Bilanzsumme von höchstens 1,5 Mrd. Euro vorgeschlagen. Simon hält dies nicht für jede europäische Volkswirtschaft adäquat. Ein solcher absoluter Wert werde niemandem gerecht. 1,5 Milliarden Euro plus 0,1 Prozent des jeweiligen BIP könnten in seinen Augen ein Weg sein.
„Bereitschaft nie so groß“
Begrüßt werden die Bemühungen vom Fachverband der Raiffeisenbanken. „Wir sind auf einem guten Weg. Die Bereitschaft für kleinere Lokalbanken etwas zu tun, war noch nie so groß wie heute. Das ist nicht zuletzt auf unsere Überzeugungsarbeit in den letzten Monaten zurückzuführen“, betont FV-Geschäftsführer Johannes Rehulka. Man sei mit den deutschen Partnerverbänden und der Europäischen Vereinigung der Genossenschaftsbanken (EACB) gut abgestimmt und arbeite intensiv zusammen. „Jetzt wird es notwendig, auch die Finanzminister zu überzeugen“, so Rehulka. Andreas Pangl, Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes, strich hervor: „Mit unserer Initiative ‚Regional.Stark’ haben wir zuletzt auch auf die Überregulierung von Regionalbanken hingewiesen. Wir brauchen starke Regionalbanken für den ländlichen Raum, daher ist der Abbau bürokratischer Lasten für diese Banken besonders wichtig.“
lov