Die Zeichen der Zeit stehen nicht optimal für Klein-und Regionalbanken: Basel IV, ein Pflichtenkatalog wie bei Großbanken und die derzeitige Zinspolitik gehen auf Dauer an die Substanz.
Die heimische Bankenlandschaft ist – anders als im Rest der Europäischen Union – gerade im ländlichen Raum von einer Vielzahl kleiner, lokaler und regional verankerter Banken geprägt. Die kleinste dieser Banken in Österreich hat eine Bilanzsumme von gerade einmal 18 Mio. Euro. Demgegenüber dominieren im übrigen Europa in erster Linie Großbanken mit Bilanzsummen von teilweise über 1.000 Mrd. Euro. In Österreich überwiegen vor allem die über 400 unter dem Dach von Raiffeisen gegründeten kleinen und lokalen Banken, die in ihrer Heimatregion engagiert sind.
Studie zeigt: Kunden setzen trotz Digitalisierung auf „ihre Bank“
Im Licht der zunehmenden Digitalisierung im Bankenbereich hat Raiffeisen die Akzeptanz von kleinen Lokal- und Regionalbanken in einer beim Meinungsforschungsinstitut GfK in Auftrag gegebenen Studie einem Reality-Check unterzogen – die wesentlichste Erkenntnis: Trotz Digitalisierung kennen und schätzen die Österreicherinnen und Österreicher die Vorzüge lokaler Regionalbanken: 71 Prozent bestätigen die starke Verbundenheit ihrer Regionalbank zum Ort und 70 Prozent identifizieren ein besonderes Naheverhältnis ihrer Regionalbank zur ansässigen Bevölkerung und regionalen Wirtschaft. Als besondere Stärke der lokalen Regionalbanken erkennen knapp 60 Prozent die Förderung des gesellschaftlichen Lebens und Miteinanders in der Region und 54 Prozent die Unterstützung lokaler Vereine durch Regionalbanken. Immerhin 50 Prozent sehen die regionale Infrastruktur durch kleine Regionalbanken aufgewertet. In allen diesen Punkten übertreffen die Werte der kleinen Regionalbanken deutlich jene der großen Kommerzbanken im ländlichen Raum.
„Diese offenkundige Nähe der kleinen Regionalbanken zu den Menschen vor Ort begründet sich nicht zuletzt in der Tatsache, dass sie keine anonymen Aktiengesellschaften sind, sondern den Menschen in der Region selbst gehören: über 1,5 Mio. Österreicherinnen und Österreicher sind als Mitglieder einer der vielen Raiffeisen-Genossenschaften die Eigentümer ihrer eigenen Bank“, betont Andreas Pangl, Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes.
Initiative „Regional.Stark“
Mit der neuen Initiative „Regional.Stark“ will der Österreichische Raiffeisenverband (ÖRV) verstärkt auf die Interessen von kleinen und lokalen Regionalbanken hinweisen. Im Wesentlichen geht es um Überregulierung und die im Interview (siehe Download) erörterten Punkte. Die Online-Petition findet sich unter www.regionalstark.at
Interview mit
Reinhard Karl, Vorsitzender der Fachvertretung der Raiffeisenbanken NÖ und Kommerzkundenvorstand der RLB NÖ Wien
NÖWI: Die Bankenregulierung betrifft alle Institute, die Großbanken wie kleine regionale Banken. Gibt es da eine Differenzierung im Pflichtenkatalog?
Reinhard Karl: Leider nein, ich vermisse in diesem Bereich die Verhältnismäßigkeit. Die Regulierung geht sehr zu Lasten der kleinen Regionalbanken, die mit denselben Auflagen belastet werden wie Großbanken.
Was wäre aus Ihrer Sicht die Alternative?
Bei sämtlichen Gesetzesvorhaben sollten die Auswirkungen auf Regionalbanken gesondert beachtet und einer „Hausverstandskontrolle“ unterzogen werden. Um eine ungerechtfertigte Benachteiligung oder Belastung von Regionalbanken zu vermeiden, dürften Vorgaben für internationale Großbanken nicht im gleichen Ausmaß auf Regionalbanken angewendet werden.
Basel IV rollt auf die Bankenlandschaft zu. Erwartet werden unter anderem auch höhere Anforderungen an die Eigenkapitalquote. Was würde das in der Praxis bedeuten?
Werden künftig mehr als doppelt so hohe Eigenkapitalvorgaben für Beteiligungen von Kreditinstituten vorgeschrieben, würde das zu einer Gefährdung von Arbeitsplätzen und Firmensitzen in Österreich führen. Darüber hinaus würden diese neuen Vorschriften die Wohnraum- und die KMU-Finanzierung erheblich verteuern und damit zu einer Einschränkung der Kreditvergabe führen. Solche Einschränkungen der finanziellen Versorgung müssen verhindert werden.
Wie wollen Sie das verhindern und den Basler Ausschuss zum Umdenken bewegen? Das ist immerhin der von den Notenbanken der 27 größten Industrienationen der Welt gestellte Ausschuss, international tonangebend für die Ban kenregulierung?
Wir müssen den Anliegen der Regionalbanken ein Forum und damit eine breite Öffentlichkeit schaffen. Das passiert unter an derem auch durch die Initiative „Regional.Stark“, die zeigt, dass Regionalbanken Nahversorger und Partner der regionalen Wirtschaft in Österreich sind. Ich hoffe, dass Maßnahmen wie dieser Schulterschluss der Regionalbanken Schule machen und dazu beitragen, dass es im Basler Ausschuss zu einem Umdenken kommt, oder zumindest zu einer Nachdenkpause, auch bezüglich der Eigenkapitalquote.
Würde nicht schon ein Ende der Nullzinspolitik die Lage deutlich bessern?
Natürlich auch, das ändert aber nichts an allen anderen Punkten. Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank muss beendet werden. Gerade Regionalbanken leiden unter der aktuellen Geldpolitik, weil sie sich fast ausschließlich über regionale Einlagen refinanzieren und ihre Zinserträge zurückgehen. Außerdem fehlt Regionalbanken im Vergleich zu Großbanken als Alternative der direkte Zugang zum Kapitalmarkt.
Was halten Sie von dem Plan einer zentralen EU-Einlagensicherung?
Die Risiken in den Banksystemen der einzelnen Mitgliedstaaten sind aktuell unterschiedlich hoch. Das würde eine Benachteiligung der Staaten mit geringerem Risiko bedeuten. Ich halte daher Diskussionen über eine Haftung von Regionalbanken für Banken in anderen Ländern für verfrüht.