Regionalbanken sichern: Interview mit Andreas Pangl & Johannes Rehulka

„Österr. BauernZeitung“ Nr. 48/2017 vom 30.11.2017 Seite 4 Ressort: Wirtschaft Von: INTERVIEW: CHRISTINE DEMUTH MITARBEIT: EVA ZITZ Bund, Salzburg, Steiermark, NÖ/Wien/Bgld., OÖ, Tirol/Vbg

INTERVIEW MIT ANDREAS PANGL & JOHANNES REHULKA

Regionalbanken sichern

Unter dem Titel „Regional. Stark“ hat der Österreichische Raiffeisenverband eine Initiative zum Erhalt der kleinen Regionalbanken gestartet. Über Sinn und Zweck dieser Initiative sprach die BZ mit dem Generalsekretär des Raiffeisenverbandes, Andreas Pangl, und dem Geschäftsführer des Fachverbandes der Raffeisenbanken, Johannes Rehulka.

Sie unterstreichen in Ihrer Initiative die Bedeutung der Regionalbanken. Was macht diese so besonders?

PANGL: Die Klein-und Regionalbanken haben eine wesentliche regionalpolitische und wirtschaftspolitische Funktion für die Regionen. Sie verwalten die Spareinlagen aus der Region und vergeben die Kredite an die Wirtschaft und die Konsumenten aus der Region. Die Wertschöpfung bleibt damit in den Regionen. Darüber hinaus spielen sie eine wichtige Rolle als aktive Unterstützer von örtlichen Vereinen und Initiativen. Die Politik ist aufgefordert, diesen zusätzlichen Nutzen der Regionalbanken zu sichern, im Dienste der Regionen.

Wir hören ja ständig, dass Österreich zu viele Banken hat. Dazu muss man aber betonen, dass mehr Banken auch mehr Wettbewerb bedeuten. Und mehr Banken, vor allem unterschiedliche Banken nebeneinander, reduzieren das systemische Risiko, weil alle ein anderes Geschäftsmodell haben.

Sie beklagen eine praxisfremde Bankenregulierung, die auf Großbanken ausgerichtet ist und für regionale Banken eine schon jetzt kaum finanzierbare Bürokratie mit sich bringt. Können Sie Beispiele nennen?

REHULKA: Beispielsweise müssen alle Banken in Europa Informationen über den Aufbau und die Organisation der Bank offenlegen. Für diese Informationen interessieren sich in erster Linie Investoren und Aktienbanken. Das ist bei Genossenschaftsbanken aber nicht der Fall, weil diese von außen keine Investoren suchen. Ein anderes Beispiel sind die umfassenden Meldepflichten an die Behörden. Die Behörden brauchen zwar die Fundamentaldaten, aber nicht in der selben Ausprägung, wie dies bei Großbanken der Fall ist.

Laut dem für Bankenregulierung tonangebenden Baseler Ausschuss, sollen künftig mehr als doppelt so hohe Eigenkapitalvorgaben für Beteiligungen von Kreditinstituten vorgeschrieben werden. Was würde das für die kleinen Banken bedeuten?

REHULKA: Die kleinen Banken betrifft vor allem die diskutierte Erhöhung der Eigenmittel im Immobilienkreditgeschäft. Schließlich kommen die Häuselbauer in erster Linie zu ihnen. Der Eigenmittelbedarf, der für einen Kredit vorgelegt werden muss, könnte nach den derzeitigen Entwürfen um das Dreifache erhöht werden. Das heißt: Die Gefahr ist sehr groß, dass die Kredite teurer werden und dass auch weniger Kredite vergeben werden können. Das könnte im Endeffekt einen Schaden für die gesamte Volkswirtschaft bedeuten.

Nun sagen Finanzminister Hans Jörg Schelling und die Finanzmarktaufsicht sowie zuletzt auch das Europa-Parlament, dass sich kleine Banken nicht den gleichen Regeln wie Großinstitute unterwerfen müssen. Wie groß ist aus Ihrer Sicht die Chance, dass es zu Unterscheidungen kommt?

REHULKA: Die Verhandlungen laufen. Man soll nichts verschreien, aber nach jahrelangen Bemühungen scheint die Botschaft in den Köpfen – auch auf europäischer Ebene -angekommen zu sein. Es gibt Erleichterungsvorschläge, die man noch ausbauen müsste.

PANGL: Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang die Klarstellung, dass es nicht darum geht, dass Raiffeisenbanken ein geringeres Schutzniveau für Kunden haben sollen. Es geht ausschließlich um bürokratische Erleichterungen, weil die Bürokratie bei einer kleinen Bank logischerweise anteilsmäßig höhere Kosten verursacht als bei einer großen Bank.

Ein weiterer Punkt in Ihrer Initiative ist Ihre Kritik an der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Dient diese nicht auch dazu, die Konjunktur zu fördern?

REHULKA: Eine Niedrigzinsphase samt Ankaufprogramm kann nur eine kurzfr istige Maßnahme zur Belebung der Konjunktur sowie zur Anhebung der Inflationsrate sein. Wenn das Geld billig ist, nehmen auch mehr Unternehmer und Konsumenten Kredite auf bzw. konsumieren mehr. Jetzt, wo sich die Konjunktur erholt und die Inflation wieder steigt, wäre es aber an der Zeit, von d ieser Nullzinspolitik abzugehen. Kleine Banken leiden darunter überproportional -und die Sparer werden enteignet.

Für die Regionalbanken sind durch die Nullzinspolitik die Kosten hoch und die Margen niedrig?

REHULKA: Ja. Je niedriger die Zinsen werden, desto geringer werden die Marge und die Zinsergebnisse. Diese brechen gerade bei den Banken ein, die sich stark über regionale Einlagen refinanzieren, also bei den kleinen Banken. Eine Großbank hingegen kann sich am Geldmarkt oder am Kapitalmarkt refinanzieren.

Zur Unterstützung Ihre Initiative sammeln sie auch Unterschriften. Wer soll diese Petition unterschreiben?

REHULKA: Alle, denen etwas daran liegt, dass weiterhin Entscheidungen vor Ort getroffen werden.

Was hat Sie dazu bewogen, Unterschriften zu sammeln?

PANGL: Wir haben vom Marktforschungsinstitut GfK eine Studie durchführen lassen, in der die Meinung der Bevölkerung zu den Regionalbanken abgefragt wurde. Das Ergebnis ist, dass 70 Prozent der Bevölkerung die Rolle der Regionalbanken -eben mehr als eine Bank zu sein – als wichtig ansehen und wollen, dass diese Banken auch erhalten bleiben.

REHULKA: Ein Ergebnis dieser Studie ist auch, dass sich die Bevölkerung mehr Initiativen für die Regionalbanken erwartet. Daher haben wir auch unsere Inititiative gestartet.

PANGL: Unsere Forderungen sind nicht neu. Wir haben diese natürlich schon rechtzeitig an die Politik herangetragen . Die Unterschriften sollen hier als Turbo dienen. Schließlich wollen wir nicht nur die Regionalbanken erhalten, sondern auch die finanzielle Versorgungssicherheit für die Bevölkerung.

Wie lange wird diese Unterschriftenaktion laufen?

REHULKA: Das ist noch offen. Wir wollen jedenfalls der neuen Bundesregierung, konkret dem neuen Finanz-und Wirtschaftsminister, die Unterschriften als Zeichen der Unterstützung aus der Bevölkerung auf den Tisch legen.

REGIONAL.STARK
Kleine Banken am Land erhalten

Der Raiffeisenverband fordert von der künftigen Bundesregierung Einsatz für den Erhalt der heimischen Regionalbanken. Fünf Forderungen werden erhoben:

Verhältnismäßigkeit in der Bankenregulierung;
Nachdenkpause bei Basel IV; Ende der Nullzinspolitik; Keine zentrale EU-Einlagensicherung;

Schulterschluss für Regionalbanken. Nähere Informationen zur Initiative sowie die Möglichkeit, diese Initiative per Unterschrift zu unterstützen, gibt es im Internet unter: www.regionalstark.at