Starke Banken stärken die Region

Die Initiative „Regional.Stark“ hat wesentliche Verbesserungen im Bürokratieabbau für Regionalbanken gebracht.

Die Umsetzung der Regulierung trifft kleine Regionalbanken im Verhältnis zu internationalen Großbanken mit wesentlich höheren Kosten. Vor gut einem Jahr hat daher der Österreichische Raiffeisenverband in Zusammenarbeit mit dem Fachverband der Raiffeisenbanken die Initiative „Regional.Stark“ (www.regionalstark.at) gegen die Überregulierung von Regionalbanken ins Leben gerufen. Bereits binnen weniger Tage wurde die Initiative von fast 9.000 Menschen unterstützt. Und auch bei dem Ende 2018 in Brüssel verabschiedeten neuen Bankenregulierungspaket ist bei einigen Verbesserungen die Handschrift Raiffeisens erkennbar.
So stellt das Bankenpaket sicher, dass es künftig zu einer stärkeren Unterscheidung in der Regulierung zwischen internationalen Großbanken und der Bank vor Ort kommt. Erstmals werden kleine und nicht-komplexe Banken rechtlich definiert. „Wir entlasten kleine Banken administrativ und senken ihre Regulierungskosten um 20 Prozent, ohne das Sicherungsniveau zu senken oder die Kapitalanforderungen zu verwässern“, fasst Europaabgeordneter Othmar Karas, Verhandlungsführer der Europäischen Volkspartei, zusammen. Von den geplanten administrativen Vereinfachungen sollen mehr als 90 Prozent der österreichischen Banken profitieren.
Mit der Initiative „Regional.Stark“ weist der ÖRV auch weiterhin verstärkt auf die Interessen von kleinen und lokalen Regionalbanken hin, denn mit Basel IV rollt die nächste Regulierungswelle auf die Banken zu. „Die kleinen Regionalbanken sind als Nahversorger für finanzielle Dienstleistungen das Rückgrat der regionalen Wirtschaft. Das macht sie zu einem gesellschafts- und regionalpolitisch unverzichtbaren Faktor. Diese über Jahrzehnte gewachsene und bewährte Struktur regionaler Nahversorgung muss der Rücken gestärkt werden“, betont Walter Rothensteiner, Generalanwalt des Österreichischen Raiffeisenverbands.
Allein die Raiffeisen Bankengruppe gründet auf rund 400 selbstständigen Raiffeisenbanken, die eine Bilanzsumme von 18 Millionen Euro bis 1,5 Milliarden Euro aufweisen und im Besitz von 1,7 Millionen Österreicherinnen und Österreichern stehen. „Die Raiffeisenbanken befinden sich somit zu 100 Prozent in österreichischem Eigentum und leisten einen wesentlichen Beitrag zur regionalen Wirtschaft und Gesellschaft“, unterstreicht Rothensteiner.
Maßgeblich eingebunden in die Verhandlungen zu neuen Bankregulierungen ist Johannes Rehulka, der Geschäftsführer des Fachverbandes der Raiffeisenbanken. Er setzt sich für die Interessen der Raiffeisen Bankengruppe in Wien und Brüssel ein. Wir sprachen mit ihm darüber, welche Maßnahmen der Initiative „Regional.Stark“ bereits gelungen sind und welche Herausforderungen künftig zu erwarten sind.

 

„Basel IV kann kommen“

Welchen Zweck hat die Initiative „Regional. Stark“?
Johannes Rehulka: Der Fachverband und der ÖRV wollen mit „Regional.Stark“ die Überregulierung von Raiffeisenbanken bekämpfen und die Bedeutung der Raiffeisenbanken für ihre Region in den Vordergrund stellen. Wir haben in Österreich eine Vielzahl regional verankerter Raiffeisenbanken, die mehr als eine Bank sind. Bei einer Raiffeisenbank geht es nicht nur um Bankgeschäfte, da geht es auch um regionale Verankerung, Identität und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eine vergleichbare Bankenstruktur finden wir in Europa nur noch in Deutschland und in Südtirol. Daher haben wir mit „Regional.Stark“ eine neue Plattform geschaffen, die gegen die Überregulierung dieser Regionalbanken auftritt. Es darf nicht sein, dass Regeln für Großbanken einfach eins zu eins auf regional tätige Raiffeisenbanken angewendet werden. Und der wichtigste Punkt ist: Die Initiative hat bereits zu konkreten Verbesserungen für Raiffeisenbanken geführt.

Um welche Forderungen für Regionalbanken geht es bei „Regional.Stark“?
Rehulka: Wir wollen faire Regeln für Regionalbanken. Die durchschnittlichen Regulierungskosten liegen bei kleinen Regionalbanken um ein Vielfaches höher als bei größeren Banken. Es muss wieder eine stärkere Unterscheidung zwischen Großbanken und Regionalbanken geben. Das gilt vor allem für die neue Regulierung rund um die Umsetzung von Basel IV. Hier werden wir uns massiv für Erleichterungen von Regionalbanken einsetzen. Darüber hinaus argumentieren wir für ein Ende der Nullzinspolitik der EZB und setzen uns gegen eine zentralisierte EU-Einlagensicherung ein. Und es geht uns auch um die Menschen im ländlichen Raum. Geht eine Regionalbank verloren, gehen auch Arbeitsplätze und Wertschöpfung für die Region verloren.

Was hat die Initiative konkret für Raiffeisenbanken gebracht?
Rehulka: Die Initiative hat den Raiffeisenbanken konkrete Entlastungen gebracht. So wurde seit dem Start der Initiative der gesetzliche Schwellenwert für die Einrichtung einer eigenen internen Revision für kleine Banken um das Doppelte angehoben. Das entlastet alle Raiffeisenbanken mit einer Bilanzsumme bis zu 300 Mio. Euro. Zusätzlich wurde die Einrichtung von Aufsichtsratsausschüssen für größere Raiffeisenbanken massiv eingeschränkt. Und mit dem zuletzt verabschiedeten EU-Bankenaufsichtspaket konnten wir weitere Entlastungsschritte für Raiffeisenbanken auf EU-Ebene durchsetzen.

Was ändert sich nun wirklich durch die neuen Beschlüsse auf EU-Ebene?
Rehulka: Der wichtigste Punkt für uns war, dass die KMU-Finanzierung massiv vergünstigt wird. Statt bisher bis zu einem Kreditvolumen von 1,5 Mrd. Euro kann künftig bis zu einem Kreditvolumen von 2,5 Mrd. Euro eine Eigenkapitalvergünstigung von etwa 24 Prozent für die Finanzierung von KMUs in Anspruch genommen werden. Diese Ersparnis kommt gerade der Finanzierung der kleinstrukturierten Wirtschaft in Österreich zugute, die von Regionalbanken sichergestellt wird.
Darüber hinaus konnten wir erstmals eine Definition von kleinen Banken in der EU-Regulierung verankern. Banken mit einer Bilanzsumme von weniger als 5 Milliarden Euro, die andere Anforderungen erfüllen (z.B. keine Verwendung von internen Modellen), erhalten bestimmte Erleichterungen. Dazu zählen weniger Offenlegungspflichten, weniger Meldepflichten und weitere Erleichterungen bei Liquiditätskennzahlen und dem Handelsbuch.

Bedeuten diese Erleichterungen DEN erwarteten Befreiungsschlag der Raiffeisenbanken von unnötiger Bürokratie?
Rehulka: Wir müssen realistisch bleiben. Die Beschlüsse auf EU-Ebene sind ein erster ganz wesentlicher Schritt zur Verankerung der Verhältnismäßigkeit in der Regulierung. Eine überwiegende Mehrheit der 28 Mitgliedstaaten in der EU hat für die Anliegen kleiner Banken weniger über, weil sie stark konzentrierte Banksektoren mit vielen Großbanken in ihrem Land haben. Die sehen die Bemühungen für kleine Banken eher als Bedrohung für die einheitliche Anwendung von EU-Regeln. Daher können Entlastungen für Regionalbanken nur Schritt für Schritt erfolgen. Und diesen ersten Schritt konnten wir gemeinsam mit unseren Verbündeten erfolgreich durchsetzen.

Wie geht es mit der Initiative „Regional.Stark“ weiter?
Rehulka: Die Umsetzung von Basel IV steht vor der Tür. Es erwarten uns schwierige Verhandlungen, weil der Appetit der Regulatoren auf noch mehr Verhältnismäßigkeit nicht sehr groß ist. Umso wichtiger wird es sein, dass wir uns in Brüssel für die Raiffeisenbanken einsetzen und mit unseren Verbündeten Allianzen schließen. Das werde ich auch persönlich als Vorsitzender der Arbeitsgruppe zur Umsetzung von Basel IV in der europäischen Genossenschaftsvereinigung mit allen anderen europäischen Genossenschaftsbanken sicherstellen. Denn eines ist klar: Die durchgesetzten Erleichterungen für Raiffeisenbanken waren erst der Anfang. Wir sind gut gerüstet. Basel IV kann kommen.

„Gerade Österreich mit seiner kleinstrukturierten Wirtschaft mit vielen KMUs und kleinen Regionalbanken hat die Finanzkrise besser überstanden als andere Länder. Daher fordern wir, dass gerade Genossenschaftsbanken in Europa gefördert werden, weil sie das Finanzsystem auch sicherer machen. Insoweit ist das EU-Bankenpaket ein wichtiges Signal für die künftige Behandlung von Regionalbanken. Bei der Umsetzung von Basel IV müssen weitere Schritte für die Entlastung von Regionalbanken folgen.“

ÖRV-Generalsekretär Andreas Pangl