Weniger Regulierung für Raiffeisen & Co.

“Die Presse” vom 20.12.2017 Seite: 17 Ressort: Economist Von: DP Österreich, Abend, Österreich, Morgen

Banken. Genossenschaftsbanken in Österreich und Deutschland fordern einfachere Regeln für kleine Banken. Das fand Eingang ins schwarz-blaue Regierungsprogramm.

Von Jakob Zirm

Wien. Es ist nur ein kurzer Satz im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ. Im heimischen Raiffeisensektor dürfte er aber für große Freude gesorgt haben. Auf Seite 130 des Papiers ist als Ziel zu lesen: “Proportionalität bei der Regulierung kleiner Banken (weniger Regulierung)”. Die Regierung nimmt damit eine Forderung auf, die von den im deutschsprachigen Raum stark vertretenen Genossenschaftsbanken in den vergangenen Jahren bereits mit Nachdruck formuliert worden ist.

Konkret geht es dabei um die Frage, ob das Pendel der Regulierung in den Jahren nach der Finanzkrise nicht zu weit in Richtung strengerer Regeln ausgeschlagen hat. Denn vor allem kleinere Institute hätten unter den inzwischen überbordenden bürokratischen Vorgaben zu leiden, hieß es etwa erst jüngst aus dem heimischen Raiffeisenverband.

Wirklich beeinflussen kann die Regierung die Regulierung zwar nicht, da diese auf EU-Ebene für den gesamten europäischen Bankenraum beschlossen werden muss. Sie kann hierbei allerdings – so wie es auch die deutsche Regierung bereits macht – entsprechendes Lobbying betreiben. Insofern sorgt der Vorstoß von ÖVP und FPÖ auch in Frankfurt, beim Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), für Zustimmung. “Wir freuen uns, wenn die österreichische Regierung das auch als ihr Ziel ansieht”, sagt BVR-Vorstand Gerhard Hofmann im Gespräch mit der “Presse”. Denn es mache einen großen Unterschied, ob nur die Banken etwas wollten oder ob auch Staaten dahinterstehen.

Es gehe hierbei nicht darum, “für kleine Banken einen Vorteil herauszuholen”, so Hofmann weiter. Sondern es gehe um faire Bedingungen im Wettbewerb mit großen Banken. “Denn regulatorische Kosten sind Fixkosten, die bei Kleinen viel stärker ins Gewicht fallen.” Wie schon der heimische Raiffeisenverband erklärt auch Hofmann, dass es nicht um Erleichterungen bei den Kapital- oder Liquiditätsanforderungen gehe. “Wir wollen keinen niedrigeren Sicherheitsstandard.” Aber es gebe zu viel Bürokratie – etwa beim Meldewesen der Banken gegenüber der Aufsicht.

So müssten auch ganz kleine Institute sogenannte Offenlegungsberichte erstellen, die ursprünglich als detaillierte Information für Investoren bei großen Banken entwickelt wurden. “Bei kleinen Raiffeisenbanken braucht es keinen Offenlegungsbericht, weil es keine Investoren gibt. Außerdem ist man in der Region verankert und daher bekannt”, sagt Hofmann.

Bisher scheitert eine Erleichterung der Regeln auf EU-Ebene allerdings am Widerstand von Ländern, in denen Genossenschaftsbanken kaum eine Rolle spielen – allen voran Frankreich und Spanien. Diese sehen das Thema misstrauisch und fürchten Wettbewerbsnachteile für ihre Institute. “Es gab hier aber auch das Missverständnis, dass wir niedrigere Kapitalvorschriften haben wollen”, sagt Hofmann.

Grundsätzlich seien diese lockereren Regeln für den genossenschaftlichen Sektor aber unumgänglich. Denn man dürfe durch die Regulierung funktionierende Strukturen nicht zerstören. “Derzeit wirkt die Regulierung aber strukturverändernd. Unsere Genossenschaftsbanken gehören zu den erfolgreichsten Banken in Europa. Wir lassen uns das doch nicht von der Regulierung zerstören”, so Hofmann. Eine Forderung, die man in Berlin und Wien inzwischen bereits erhört hat.